Daniel Kühne
Kühne's Perspektive
In diesem Artikel geht es um die wahre Kunst des Zauberns: Wie ein Zauberer nicht nur durch Fingerfertigkeit, sondern durch die Illusion des Unmöglichen das Publikum fesseln und überzeugen kann – eine Mischung aus Technik, Überzeugung und Psychologie.
Ein Plädoyer fürs Fertigmachen
Ein Zauberer hat meines Erachtens genau zwei Aufgaben.
Erstens muss er eine narrative Prämisse erfüllen. Damit meine ich, dass er den von ihm gewählten Charakter darstellen muss, dem das passiert, was eben erzählt wird – ein interessanteres Phänomen, ein Experiment, eine Illusion, was auch immer. Viele Zauberer, speziell Profis, tun das, indem sie zu jeder Routine ein geschriebenes Script haben.
Die zweite, für das Zaubern unerlässliche Bedingung, steht gewissermaßen an erster Stelle: Er muss alles tun, um die Illusion des Unmöglichen zu erschaffen. Das hört sich zwar einfacher an, als es ist – darum machen es auch nur die wenigsten.
Nehmen wir an, wir haben ein Set mit fünf Effekten. Der erste ist unmöglich, der zweite ebenfalls, der dritte, vierte und fünfte auch. Was passiert? Der Zuschauer ist beim ersten Effekt überrascht und kommt spätestens beim zweiten Effekt zu dem Schluss, dass er nicht versteht, wie das Ganze funktioniert, aber es muss eben „Sleight of Hand“ (Fingerfertigkeit) sein. Und das Schlimmste ist: Er hat recht. Er kann zwar nicht erkennen, wie es gemacht wird, aber er sieht, dass es gemacht wird. Es ist offensichtlich nicht unmöglich; er weiß nur nicht, wie ich es anstelle.
Was ich aber möchte – und im Gegensatz zu den meisten Zauberern hatte ich tatsächlich über zehntausende Stunden mit Spielkarten in der Hand – ist, dass sie überhaupt keine Lösungsmöglichkeit mehr haben. Ich möchte, dass der Zuschauer weiß, dass das, was er gerade gesehen hat, nicht möglich ist. Man muss sich darüber im Klaren sein und sich immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass die Erklärung „Fingerfertigkeit“, obwohl sie generisch und völlig richtig ist, eben nicht Zauberei ist. Wenn ich behaupte, mein iPhone funktioniert mit Technik, dann ist das durchaus eine richtige Erklärung, aber eben nicht in bedeutsamem Detail. Es ist keine Zauberei. Keine Illusion des Unmöglichen.
Ich muss mir also etwas ausdenken, um sie tatsächlich an den Punkt zu führen, an dem ich sie haben möchte. Bis zu diesem Moment sind sie vielleicht unterhalten und interessiert, aber sie sind noch nicht verzaubert.
Ich muss mir also etwas überlegen, um auf die Wahrnehmung des Zuschauers einzugehen. Ich bestärke und bestätige ihn, indem ich ihm sage und zeige, dass er recht hat: Es ist zwar Weltklasse-Sleight of Hand, aber es bleibt eben immer noch „Sleight of Hand“. Doch all das tue ich nur, um ihm ganz zum Schluss den Boden unter den Füßen wegzureißen – denn dann kann er sich das Ganze eben nicht mehr mit Fingerfertigkeit erklären. Er weiß jetzt, dass Fingerfertigkeit keine Erklärung ist und gleichzeitig sieht er etwas, für das es keine andere Erklärung gibt. Es ist die Illusion des Unmöglichen. Natürlich macht ihn das fertig – aber es wird sich bei ihm einbrennen, allerdings nur, wenn er zu 100% überzeugt ist, dass es keine andere Erklärung gibt.
Darwin Ortiz hat einmal behauptet, dass alles Zaubern eine Funktion von Überzeugung sei, und davon bin ich ebenfalls überzeugt. Es ist jedoch ausgesprochen schwer, diese 100%ige Überzeugung zu erreichen, denn sonst würde es ja jeder Zauberer schaffen. Je näher man diesem Ziel kommt, desto schwieriger wird es. Es sind die Kleinigkeiten und Details, die den Erfolg in dieser Hinsicht ausmachen. Der Profi mag hierauf sogar verzichten, der Künstler aber niemals.
Ein Plädoyer fürs Fertigmachen
In diesem Artikel geht es um die wahre Kunst des Zauberns: Wie ein Zauberer nicht nur durch Fingerfertigkeit, sondern durch die Illusion des Unmöglichen das Publikum fesseln und überzeugen kann – eine Mischung aus Technik, Überzeugung und Psychologie.
„Warum Zaubern – und wenn ja, warum Close-Up?“
Zaubern geht für mich über bloße Unterhaltung hinaus: Es geht darum, eine tiefgreifende Reaktion beim Zuschauer zu erzeugen. In diesem Artikel erkläre ich, warum wahre Magie erst entsteht, wenn der Zuschauer die Grenze zwischen Realität und Illusion nicht mehr erkennt.
Zen und Zauberei
Dai Vernon sagte: „Lerne, ein Kunststück besser zu machen als jeder andere.“ Wie der Schüler, der ein Gedicht bis zur Perfektion übt, geht es auch beim Zaubern darum, zunächst ein Kunststück zu meistern, bevor man mehr hinzufügt.